Montag, 15. März 2010

Montag, den 15. März 2010 – Noch einmal Haridwar, das Kumbh Mela und der große Verlust

Die Nacht im Zug habe ich sehr schlecht geschlafen, weil ich immer wieder wach wurde und dachte, dass ich die Haltestelle evtl. verschlafe. Ursprünglich war eine Ankunft wohl zwischen 7 und 8 Uhr geplant, doch das wurde aufgrund des Kumbh Mela Festes und den Anreisemassen deutlich später. Um 8 Uhr haben wir noch an einem Zugbahnhof vorher gehalten, wo ich mir eine Kleinigkeit zu Essen holte. Es war nicht sicher, wann die Fahrt weitergehen sollte. Und als es dann weiterging, kam ich noch so eben in den Zug, als dieser schon anfuhr. Die Leute am Eingang machen nicht wirklich Platz, wenn man einsteigen möchte, sondern gucken eher interessiert raus und stehen damit im irgendwie im Weg. Zwischen 10 und 11 Uhr kamen wir letztendlich in Haridwar an und der Bahnhof war extrem voll. Die heiligen Waschungen am Morgen waren längst vorbei, sodass ich diese nicht mehr besuchen konnte. Ich machte mich zunächst auf den Weg, meinen Rucksack an gewohnter Stelle abzugeben, was aber durch die Masse an Gepäckstücken nicht möglich war. Also ging ich zur zusätzlich geöffneten Gepäckabgabestelle, wo man eine Reisepasskopie und noch diverse andere Sachen zur Gepäckaufgabe abgeben musste. Zum Glück hatte ich eine in der Tasche. Nachdem das erledigt war, suchte ich nach dem Ticketbüro, wo ich die Touristen-Quota beantragen konnte. Das zu finden war ähnlich schwer wie in Amritsar und dort konnte ich glücklicherweise für mein in Amritsar gekauftes Ticket die Touristen-Quota beantragen.
Nun konnte es endlich losgehen, sich das Kumbh Mela einmal anzugucken. Auf dem Zugbahnhofsvorplatz war es wie überall in Haridwar total überfüllt. Überall waren Menschen. Auf der Straße war die Mitte der Straße abgesperrt, sodass das man eben nur in eine Richtung gehen konnte. Die üblichen Wege, die ich beim letzten Mal ohne Probleme beschreiten konnte, waren alle abgesperrt und mit Polizisten versehen, die alles kontrollierten.
Hier auf der rechten Seite war ich das letzte Mal untergekommen (hellblaues Gebäude):
Auf dem Weg zum Har-Ki-Pauri, wo die Waschungen stattfinden, waren mindesten 5 Straßensperren.
Durch die ersten 2 kam ich durch und danach nicht weiter. Zwei ausländische Mädels hatten mehr Erfolg und kamen nach mehrmaligem Bitten und Betteln durch. Als sie sich zu mir umguckten, weil ich mit ihnen gehen wollte, war ich schon auf dem Weg zurück, weil ich es total anstrengend fand. Also bahnte ich mir den Weg zum Mansa Devi Tempel, wobei ich hierfür die Bahnschienen überquerte und immer sagte, dass ich zu einem Hotel in der Nähe des Har-Ki-Pauri wollte, aber alle anderen Straßen gesperrt seien und mich niemand durch lasse. Also wollte ich den anderen Weg nehmen. Oben am Mansa Devi Tempel angekommen, machte ich einige Fotos, weil die Aussicht sehr gut war.



Ich konnte mir angucken, wo das Hauptgeschehen mit den Zügen stattfand und musste anschließend nur noch ein paar Soldaten überzeugen, dass ich einen bestimmten Weg runtergehen müsse, um zu einem in der Nähe befindlichen Hotel zu gelangen. So kam ich endlich am Har-Ki-Pauri an.

Der Platz war komplett gesperrt, umzäunt und damit für die Öffentlichkeit überhaupt nicht einsehbar. Es war sprichwörtlich total langweilig. Ich wollte ja eher zu den hoffentlich spannenderen Umzügen und bahnte mir irgendwie einen Weg auf die andere Seite des Flussarms vom Ganges. An den Umzügen angekommen standen diese noch in den Startlöchern. Also ging ich an diesen möglichst weit nach vorne vorbei, setzte mich dort an einem schattigen Plätzchen hin und wartete.
Die Züge fanden natürlich schon den ganzen Tag statt und die wichtigsten Personen waren bereits sehr früh morgens zu ihren Waschungen unterwegs. Dennoch fand ich es schön, einmal diese Art von Zügen zu sehen.












Hier sieht man auf den Bildern das für Indien typische Tragen von Gegenständen auf dem Kopf:


Leider war ich auch total müde, sodass ich mich nur mit Not und Mühe wach halten konnte. Ich klemmte meinen Rucksack zwischen meine Beine an mich und döste etwas vor mich hin. Als die Züge nicht spannender wurden, weil immer weniger Fahrzeuge und Personen entlangkamen und ich keine Lust hatte, auf den nächsten großen Schwung zu warten, ging ich weiter zum Ganges.



Dort traf ich beim Ausruhen und Bananenessen auf weitere Ausländer, mit denen ich mich ganz nett unterhielt. Am Ganges ging ich dann wieder eine Runde baden und mich waschen, was diese auch taten und danach guckten wir uns noch kurz einen sehr überlaufene Kreuzung an, wo wieder einige Wagen in einem Umzug vorbeifuhren. Diverse Kapellen liefen oder fuhren auch mit. Von dort gingen wir über die Brücke zurück auf die Seite des Zugbahnhofs und wollten noch einen Chai-Tee zusammen trinken.
Über die Brücke nach links in eine Seitenstraße abgebogen bekam ich folgende Aussicht auf den Ganges (das Blaue im hinteren Teil des Bildes):
In Anbetracht der Zeit ging ich jedoch direkt zum Zugbahnhof zurück, was ohne diese riesigen Menschenmassen vor ein paar Wochen viel leichter war.
Am Zugbahnhof holte ich mir die Bestätigung ab, dass ich einen Sitzplatz im Zug nach Bikaner bekommen hatte und ging mit der Sitzplatznummer 38 auf dem Ticket meinen großen Rucksack abholen. Danach fragte ich einen Bahnangestellten, von welchem Gleis mein Zug abfährt, da ich keine Anzeige in dem Bahnhof finden konnte. Er nannte mir das Gleis 6, welches etwas seitlich vom zentralen Bahnhofsgebäude lag. Also musste ich recht schnellen Schrittes dort hinging, da bis zur Abfahrt des Zuges nicht mehr viel Zeit blieb. Ich fand den Zug auf Anhieb und suchte sehr aufwendig nach dem richtigen Zugwaggon, weil draußen keine Wagennummerierung angebracht war. Nach mehrmaligem Fragen hatte ich endlich den Wagon mit der SL5 gefunden und suchte nach der Sitzplatznummer 30, die ich auch recht schnell fand. Man mag sich jetzt wundern, warum ich hier 30 schreibe, obwohl ich oben etwas von Schlafplatz 38 erzählt habe, aber das löst sich gleich auf. Es war der Schlafplatz ganz oben rechts. Also legte ich zunächst meinen kleinen Rucksack ganz oben in die Ecke meines Schlafplatzes und setzte mich direkt darunter, um meinen großen Rucksack zum Anketten fertig zu machen. Der Zugabteil war noch total dunkel, was mich ein wenig stutzig machte, weil der Zug ja eigentlich gleich abfahren sollte. Außerdem fand ich den Zug für einen gleich abfahrenden Zug viel zu leer. Deshalb fragte ich die drei Jungs, die sich mir gegenüber gesetzt hatten, ob ich im richtigen Zug wäre. Sie bestätigten mir den Zug und die Richtung nach Bikaner. Dann machte ich meinen großen Rucksack fertig, um ihn unter der Schlafbank anzuketten und legte meine Jacke oben zu meinem kleinen Rucksack.
Nach kurzer Zeit kam ein Mann und sagte, dass der Schlafplatz ihm gehören würde, ich guckte auf mein Ticket und gab ihm Recht, weil ich mich mit der Nummer vertan hatte. Die 38 sah wie eine 30 aus, weswegen ich auf dem falschen Platz war. Ich schnappte mir also meinen großen Rucksack und wollte ihn zur 38 bringen und fand diesen Platz besetzt vor. Ich war verwirrt und stellte zunächst meinen großen Rucksack ab, um meine Jacke und meinen kleinen Rucksack zu holen. In dem Moment gab mir einer der 3 Jungs meine Jacke an, mein kleiner Rucksack jedoch war weg!!!
Ich war erschüttert und machte mich auf die Suche nach meinem kleinen Rucksack, wären ein anderer Inder, auf dessen Platz ich meinen großen Rucksack gestellt hatte, auf diesen aufpasste. Von den 3 Jungs war der eine, der mir die Jacke angegeben hatte, auch im Handumdrehen verschwunden. Ich gehe davon aus, dass diese den Rucksack entwendet hatten. Dennoch gab ich die Hoffnung nicht auf, meinen Rucksack wiederzufinden und suchte. Ohne Erfolg ging ich draußen zu einem Polizisten, der sich mit mir umguckte, mir aber auch nicht helfen konnte. Also schnappte ich nach mehrmaligen hin und her laufen und der Feststellung einer offenen Tür zur Gleisseite in dem Wagon, wo mein Rucksack abhandengekommen war, meinen großen Rucksack und ging mit dem Polizisten zur Polizeistation. Die Täter waren wohl über die offene Tür entkommen. Auf der Polizeistation half man mir zunächst auch nicht weiter. Nach einigem fragen, half mir eine außenstehende Englisch sprechende Person weiter und übersetzte für mich. Man gab mir in der Polizeistation zu verstehen, dass man mir nicht helfen konnte und so wollte ich zumindest meinen Zug nach Bikaner noch bekommen. Also rannte ich zurück zum Zug und klärte das Problem mit meinem Schlafplatz. Ein Mann in dem Schlafabteil hatte eine Fahrkarte auf der die Sitzplatzreservierung für die sechs Schlafplatze inklusive des Schlafplatzes 38 draufstand. Vor dem Zug fand ich nun einen Schaffner, der mir daraufhin sagte, dass dies der falsche Zug sei und dieser nicht nach Bikaner fährt. Dies überstieg für einen Moment meine Aufnahmekapazität.
Also ging ich wieder zurück zur Polizei, wo mir dieses Mal eine andere zivile Person mit der Übersetzung aushalf. Schließlich hatte ich gerade meinen wichtigsten Reiserucksack mit meinem Reisepass und einigen anderen für mich wichtigen Dingen „verloren“. Die Polizei nahm den Vorgang auf und wollte immer den Namen meines Vaters wissen, was hier in Indien wohl sehr wichtig zu sein scheint. Da ich momentan kein Geld hatte, wusste ich nicht, was ich machen sollte. Schließlich war mein Portemonnaie mit meinen Bankkarte und dem Geld weg. Ich hatte lediglich noch das Zugticket nach Bikaner, was anschließend von einem Polizisten im Zugbahnhof revidiert wurde. So bekam ich die Hälfte des Fahrtpreises zurück und hatte damit etwas Geld in der Tasche. Zusätzlich gab mir die helfende zivile Person 500 Rs, mit denen ich vorerst arbeiten konnte. In der Polizeistation setzte ich ein kurzes präzises Schreiben des Tathergangs auf. Hierbei war es wichtig, dass mir die Sachen nicht „gestohlen“ sondern „verloren“ gegangen sind. Bei einem Diebstahl kann ich einen Täter genau beschreiben und beschuldigen und die Sachen wurden mir quasi direkt am Leib entwendet. Bei einem Verlust, habe ich einfach nicht aufgepasst, wodurch meine Sachen dann entwendet wurden. Ich fand diese Auslegung komisch, passte mich jedoch an. Die Polizei versicherte mir alles in ihrem Rahmen mögliche zur Auffindung der Täter zu tun und ich rechnete mit minimalem Aufwand in dieser Hinsicht.
Von der Polizeistation mit dem Gefühl überhaupt nichts erreicht zu haben, ging ich zu Amit Oberoi, dem ich beim letzten Mal in Haridwar mit seinem Computerraum im Hotel geholfen hatte. Er erlaubte mir das Internet bei ihm zu nutzen, hatte jedoch kein Skype, sodass ich für die Sperrung meiner Karten zum gegenüberliegenden Internetcafé gehen musste. Dort ließ ich meine drei Bankkarten sperren und ging direkt wieder zurück zu Amit, weil das Internetcafé dann schloss. Amit erzählte mir, dass er meine Adresse verloren hatte und gehofft hatte, dass ich noch einmal bei ihm vorbeischauen würde. Die Umstände, unter denen wir zusammentrafen, waren jedoch nicht die besten. Er half mir mit 150 Rs aus und meinte, dass mit dem Bus noch eine Möglichkeit bestünde, nach New Delhi zu fahren, da es an diesem Abend keine Züge an mehr nach New Delhi gab. In New Delhi gibt es eine Deutsche Botschaft, wo ich einen neuen Reisepass beantragen kann, da ich ohne Reisepass nirgends in Indien eine Unterkunft bekomme. Von Amit ging ich also mit Sack und Pack zum Busbahnhof, wo ich die Information bekam, dass es an diesem Busbahnhof keinen Bus mehr nach New Delhi geben würde, sondern nur noch an einem weit außerhalb gelegenen Busbahnhof. Wo dieser genau liegt und wie ich da möglichst kostengünstig hinkomme, konnte man mir nicht sagen und verwies deshalb auf eine Rikscha. Doch so etwas konnte und wollte ich mir nicht leisten.
An der Information traf ich dann einen anderen Inder an, der auch nach New Delhi wollte und sehr gutes Englisch sprach. Er war heute die 30 km von Rishikesh nach Haridwar gelaufen, da aufgrund des Festes keine Rikscha nach Haridwar fuhr. Wir nahmen gemeinsam eine Fahrrad-Rikscha zu dem so weit entfernten Busbahnhof, nachdem ich ihm meine kürzlich passierte Geschichte erzählt hatte. Nach ca. ein bis zwei Minute Fahrt waren wir auch schon am Busbahnhof. Der Fahrer verlangte mit dafür mit einem breiten Grinsen unverschämte 20 Rs. Glücklicherweise entdeckte ich direkt einen Polizisten, der einmal eingehend mit dem Fahrer sprach und so bezahlten wir nur noch 10 Rs für die Fahrt, was natürlich immer noch eine Verarschung war. Der Inder fand es auch unverschämt, dass jeder egal ob Inder oder Ausländer hier so übers Ohr gehauen wird. Gegen 2 Uhr morgens kam endlich der Bus nach New Delhi. Im Bus reservierten wir uns zwei Sitzplätze, wobei ich auf dem im Bus liegenden Busersatzreifen Platz nahm und kaufte 2 Tickets nach New Delhi. Das Geld von 500 Rs für diese gab mir der Inder und meinte, ich solle den Rest des Geldes behalten, weil ich nicht mehr sonderlich viel Geld hatte. Im Bus unterhielten wir uns hin und wieder und nebenbei versuchte ich etwas Schlaf zu bekommen. Dafür war meine Sitzposition auf einem Busreifen nicht die beste und bequemste.

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