Dienstag, 16. März 2010

Dienstag, den 16. März 2010 – New Delhi Tag 1, die Deutsche Botschaft in Indien

Die Nacht im Bus war total unbequem und alles andere als toll. Ich konnte auf dem Busreifen ein wenig schlafen bzw. bin ich immer wieder eingenickt und bei jedem Stopp, den wir machten, war ich natürlich wach. Der Inder wollte an einem Stopp mit mir den Platz tauschen, damit ich ggf. etwas bequemer auf der Bank sitzen könne, aber ich wollte nicht, weil ich so mehr Beinfreiheit hatte, die auch schon sehr begrenzt war. Es ist nicht leicht, wenn man groß ist und die langen Extremitäten auf kleinem Raum unterbringen muss. Zwischen 5 und 6 Uhr kamen wir in New Delhi an und gegen 6 Uhr waren wir dann bereits am Busbahnhof bzw. direkt davor. Der Weg zum Busbahnhof war komplett mit Bussen voll, weswegen wir an der Hauptstraße rausgelassen wurden. Der hilfreiche Inder aus New Delhi sagte mir noch, wie ich mit welchem Bus in Richtung Nehru Place komme, bevor er sich von mir verabschiedete. Ich ging also über die Brücke auf die andere Straßenseite und nahm dort direkt einen der haltenden Busse, der wohl in die gewünschte Richtung fuhr.
Der Bus fuhr natürlich nicht sofort los, sondern wartete, fuhr ein bisschen vor und wartete wieder usw., bis er nach einiger Zeit endlich los fuhr. Ich wollte eigentlich möglichst schnell zum Nehru Place, um das Problem mit meinem Reisepass möglichst schnell zu lösen. Auf der Fahrt mit dem Bus sah ich so etwas von New Delhi, doch mit den Gedanken war ich ganz woanders. Nach einiger Zeit wurde ich an einer Haltestelle rausgelassen, wo ich in einen anderen Bus umsteigen musste. Ich fragte garantiert eine halbe Stunde immer dort ankommende Busse nach „Nehru Place“ und wurde immer wieder auf einen anderen Bus vertröstet, bis endlich einer kam, der mich in die Nähe mitnehmen konnte.
In der Nähe des Nehru Place fragte ich mich bis zum International Trade Tower durch und kam dort nach ca. 15 Minuten Fußweg an. Dort wurde ich nicht wie alle anderen groß kontrolliert, weil ich sagte, dass ich Deutscher sei und dringend zur Botschaft müsse. Nachdem ich im oben war, erfuhr ich, dass es nur ein Agent für Visumanfragen sei und nicht, wie angenommen die Deutsche Botschaft. So ein Mist. Die Leute waren freundlich und gaben mir die korrekte Adresse. So musste ich von hier also zum Shanti Path im Stadtteil Chanakyapuri fahren, der natürlich wieder an einer ganz anderen Ecke von New Delhi lag. Von dort fuhr ich mit einem Bus in die Nähe von Chanakyapuri und die Inder im Bus waren total nett und hilfsbereit. Man erklärte mir genau, wo ich raus müsse und welchen Bus ich anschließend nehmen müsse, um zum Shanti Path zu kommen. Vor der riesigen Kreuzung Mahatma Gandhi Marg Ecke Aurobindo Marg – ich hatte das Gefühl, dass der Bus auf einer Ringstraße unterwegs war – sprang ich raus, um unter der Brücke durch rechts abzubiegen. Der Bus fuhr währenddessen über die Brücke weiter. Dort musste ich einen Bus zum Shanti Path nehmen und da dieser nicht sofort kam und ich nicht lange warten wollte, lief ich das ganze Stück bis zur Deutschen Botschaft. Dafür war ich nochmal 30-60 Minuten unterwegs.
An der Botschaft musste ich rechts am Haupteingang meinen Rucksack ablegen, damit ich überhaupt an den Botschaftsschalter vortreten konnte. Also gab ich meinen Rucksack, der anschließend durchleuchtet wurde, ab. Das Durchleuchten war nicht wirklich einfach, da eine große Fläche des Rucksacks nicht vernünftig dargestellt wurde, sodass ich anschließend den ganzen Rucksack ausräumen durfte. Dabei fand ich in einem der hinteren Rucksackfächer einen Umschlag mit 6000 Rs, die ich damals, was mir in dem Moment erst bewusst wurde, nach dem Geldabheben in Shimla wohl dort reingetan hatte. Cool, so hatte ich zumindest noch 6000 Rs plus das von den Indern geschenkte Geld. Das war schonmal eine gute Nachricht. Als das erledigt war, begab ich mich mit meinen Sachen zum Schalter 1, der extra, wie ich später erfuhr, für deutsche Staatsbürger zuständig ist. Dort wartete ich eine ganze Weile, bis ich endlich reingebeten wurde und hinter der Glasscheibe eine sehr gut deutsch sprechende Inderin vorfand. Der erklärte ich mein Problem und sie versuchte mir zu helfen. Zunächst konnte sie angeblich nichts machen, wenn sie nicht wüsste, wer ich sei. Sie brauchte also eine Reisepasskopie, eine Personalausweiskopie oder ähnliches von mir, was mich ausweisen würde. Natürlich hatte ich nichts dergleichen hier. Ich wusste aber dass ich eine Kopie zu Hause in Deutschland auf meinem PC hatte. Mit den Angaben wie Reisepassnummer, Visumnummer bzw. Ausstellungsdatum/-ort usw. gab sie sich nicht zufrieden. Die Angaben konnte ich ihr nämlich alle nennen, weil ich diese immer wieder benötigt hatte und ich mich Zahlen ganz gut merken kann. Also fragte ich, wie ich an einen Computer mit Skype käme, um zu Hause anzurufen und mir die entsprechenden Unterlagen schicken zu lassen. Das konnte man mir nicht sagen. Also sagte ich, dass ich später mit den entsprechenden Unterlagen wiederkommen würde. Die Inderin sagte nur, dass es sein könne, dass der vorläufige Reisepass heute evtl. nicht mehr ausgestellt werden würde, weil eine verantwortliche Person am Nachmittag wohl sehr beschäftigt sei.
Ich verließ die Botschaft und machte mich auf die Suche nach einem Computer mit Skype und lief dazu in die Nähe von Akbar Bhavan, wo angeblich in einer kleinen Einkaufspassage Internetshops vorhanden wären. Da ich diesen Ort nicht auf Anhieb fand, fragte ich einen Inder im Auto, der mich anschließend dort absetzte. In beiden Internetshops fehlte ein Headset, sodass ich kein Skype zum Telefonieren nutzen konnte. In einem Computerladen hätte ich zwar eins kaufen können, doch das wollte ich für nur einen Anruf nach Deutschland nicht. Also fragte ich weiter und man verwies mich an einen anderen Basar/Markt, wofür ich eine Auto-Rikscha nutzte, da ich unter Zeitdruck stand. Der Rikscha-Fahrer brachte mich recht schnell zum gewünschten Ort, doch ich kam mir etwas verarscht vor, weil der Weg nicht sonderlich weit war und ich doch recht viel für das kurze Stück bezahlte. Nun denn, dort fand ich nur einen Internetshop vor, der natürlich, wie konnte es anders sein, auch kein Headset hatte. Als ich mich anschließend aufregt und etwas Schlechtes über eine Weltstadt wie New Delhi sagte, wurden diverse Inder sauer. Ich wollte lediglich zum Ausdruck bringen, dass es nicht sein kann, dass eine so große Hauptstadt keinen einzigen Internetshop mit einem Headset besitzt, während andere kleine Städte in Indien fast in jedem Internetshop Headsets haben. Das verstand man jedoch falsch. Ich war sauer vor Wut und lief weiter rum, wusste aber nicht, wo ich hingehen sollte, da ich nicht einmal wusste, wo genau ich in New Delhi überhaupt war. Ich fragte mich weiter durch und wurde wieder ganz woanders hingeschickt. Glücklicherweise half mir ein Inder, dessen Freund mich mit seinem 125er Motorrad zu einem ihm bekannten Internetshop bringen würde, der sicher ein Headset hätte.
Also wurde ich von einem sehr jungen Inder hinten auf seinem Motorrad mitgenommen. Teilweise fuhren wir 100 km und ich hatte weder Schutzkleidung noch die Minimalausstattung eines Helmes an. In Deutschland würde ich jedenfalls so nicht herumfahren. Nach einer doch sehr aufregenden Fahrt kamen wir an einem Internetshop an, der ein nicht funktionierendes Headset hatte, was auch nicht mehr zum Funktionieren gebracht werden konnte. Dennoch war der Internettarif hier sehr günstig. Zwei Mal ging mein Computer einfach aus und trotzdem schaffte ich es über GMX eine SMS an meinen Bruder und an meine Mutter zuschicken. Meine Mutter wiederum hat zu Hause angerufen, um meinen heute zu Hause gebliebenen Vater zu informieren, dass mein Bruder Oliver aufstehen und mir helfen muss. Außerdem hatte ich Michael im ICQ erreicht, der von der Uni aus auch bei mir zu Hause anrief und so meinen Bruder informierte. Danach konnte ich meinem Bruder per ICQ genau mitteilen, was ich brauchte und anschließend druckte ich meine Reisepasskopie im Shop aus. Mit der Kopie lief ich das ganze Stück bis zur Botschaft zurück, wo ich, obwohl diese bereits für Besucher geschlossen war, noch reingelassen wurde. Am Schalter legte ich meine Reisepasskopie vor und wollte den vorläufigen Reisepass beantragen. Daraufhin fragte die Inderin, wo denn meine Passbilder seien. Ich fragte, was sie genau meine, denn von Passbildern hatte sie mir vorher nichts gesagt. Ja ich bräuchte 2 Passbilder, um einen vorläufigen Reisepass zu beantragen und diese müssen definitiv biometrisch sein.
Also ging ich mit der Auskunft über ein geeignetes Fotogeschäft biometrische Bilder anfertigen, wobei ich zu diesem Geschäft nochmal 20 Minuten hinlief. Dort bezahlte ich für 6 Bilder 100 Rs und war nach einer Stunde und 15 Minuten wieder in der Botschaft. Nun war es bereits nach 15 Uhr und nach erneuter Nachfrage konnte die Inderin meinen vorläufigen Reisepass heute definitiv nicht mehr ausstellen, obwohl es angeblich nur 30 Minuten für die Ausstellung bräuchte. Ich wollte noch rumreisen, konnte aber ohne Reisepass nicht aus Indien ausreisen. Laut der Inderin brauche ich für Übernachtungen angeblich keinen Reisepass. Meinen Reisepass musste ich bisher für die Übernachtungen wirklich nur einmal vorzeigen. Die anderen Male hatte es immer gereicht, wenn ich meine Reisepass- und Visumangaben in ein Buch eingetragen hatte. Ich war mit der nicht vorhandenen Lösung meines Problems unzufrieden und beschloss, meinen vorläufigen Reisepass später in Mumbai erstellen zu lassen, was angeblich auch gehen würde. So konnte ich wenigstens mit minimaler Aufenthaltszeit in New Delhi, wo ich ja überhaupt nicht sein wollte, noch den Rest meiner Reiseroute durchführen. Sie fragte, ob ich nicht morgen früh wieder kommen könne, dann wäre der Prozess innerhalb kurzer Zeit erledigt. Ich ließ mir meine Unterlagen aushändigen und ging. Den Reisepass wollte ich später in Mumbai rechtzeitig vor Abflug beantragen.
Als ich geknickt und erschöpft von der vielen Lauferei und angeschlagen durch den wenigen Schlaf meinen Rucksack abholte, setzte ich mich gegenüber vom Botschaftstor hin und weinte. Ich konnte einfach nicht mehr, wusste nicht weiter und war mit den Nerven am Ende. Vor Erschöpfung nickte ich vor der Botschaft kurz ein und wachte direkt wieder auf. Keiner der Botschaftsangestellten, der die Botschaft verließ, wunderte sich, dass jemand vor der Botschaft mit einem großen Rucksack saß. Lediglich eine Frau kam zu mir und gab mir eine Brezel, weil sie in der Botschaft wohl von meinem Schicksal erfahren hatte, half mir damit aber auch nicht weiter. Eine andere Frau setzte sich zu mir und fragte mich letztendlich, ob alles mit mir in Ordnung sei und bat mir ihre Hilfe an. Sie meinte, dass desto weiter ich von New Delhi weg käme, desto schwieriger würde es wohl mit der Reisepassbeantragung dauern. Ich solle besser alles hier in New Delhi vor Ort klären und erst danach weiterreisen. Ein Hotel, das sie mir empfehlen wollte, kostete 5000 Rs pro Nacht, was definitiv nicht in meinem Budget liegt. Später bekam ich von den am Tor angestellten Indern mein Wasser aufgefüllt und Sie hatten den Sicherheitschef, einen Deutschen, von mir berichtet. Er sagte mir, dass ich auf den Bänken vor der Botschaft übernachten könne. Er habe den Sicherheitsleuten gesagt, die sollen in der Nacht immer wieder mal ein Auge auf mich werfen. Das kostete nichts und deswegen beschloss ich dies auch zu tun.
Ich gab erneut meinen Rucksack ab, lief zu einem etwas weiter entfernten Basar an der Africa Ave, wo ich mir eine Zahnbürste und etwas Zahnpasta kaufte. Auf der Suche nach einem sehr günstigen Restaurant aß ich am Ende des Basars an einer Essensbude zwei Portionen Nudeln. Ich hatte einfach riesigen Hunger und das war schließlich das erste Essen für heute. Danach ging ich gemütlich zurück zur Botschaft und wurde nach einem kurzen Gespräch mit einem Inder, den ich nach dem Weg fragte, einfach auf dem Motorrad mitgenommen. Dieser wollte von mir, dass ich ihm einen Job besorge. Ich sagte, ich könne ihm Geld geben, aber einen Job könne ich ihm nicht geben, doch er wollte einfach nur eine bezahlte Arbeitsstelle haben. Ich ließ mir seine Kontaktdaten geben und verabschiedete mich. Nachdem ich meinen Rucksack in der Botschaft abgeholt hatte, begab ich mich auf eine der vor der Botschaft stehenden Bänke und machte es mir so gut ich konnte auf dieser Bank gemütlich. Die Mücken fingen bereits nach kurzer Zeit an zu nerven, obwohl ich den Bettbezug über mich gelegt hatte. Es war schwierig sowohl den Rucksack auf der Bank zu behalten als auch gleichzeitig in den Bettbezug eingewickelt zu bleiben. Die vielen Mücken waren recht einfach erklärt. Vor der Botschaft liegt eine riesige grüne Wiese, die jeden Tag sehr gut gewässert wird, damit sie so schön grün bleibt. So liegen die Überlebenschancen für die Mücken hier bei nahe 100 %.

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