Freitag, 19. Februar 2010

Freitag, den 19. Februar 2010 (Teil 1) – Die Feuerzeremonie

Ich liefe also die ca. 500 Meter gemütlich auf einer dunklen Straße zum Hotel, wo ich einmal mit dem „Rei in der Tube“ von meiner Schwester aus dem Globetrotter-Paket ein paar meiner Sachen wusch. Ich hatte zwar kein heißes Wasser, aber kalt ist auch etwas anderes. Nachdem ich fertig war und die Sachen aufgehangen hatte, dachte ich, dass ich zu spät zur Feuerzeremonie zurückkehren würde, weil die Zeit so schnell verstrichen war, aber dem war nicht so. Ich musste noch eine weitere halbe Stunde warten, bis Vivek zurückkehrte und die Feuerzeremonie begann. Scheinbar haben die Inder es nicht so sonderlich mit Pünktlichkeit. In der Zwischenzeit unterhielt ich mich mit den jüngeren Brüdern der Braut, die über mein „gutes“ Englisch sehr erstaunt waren und mehr über mein Land und meine Eindrücke von Indien erfahren wollten. Ich bekam etwas zu Trinken und sollte mich melden, sofern ich noch andere Wünsche hätte.
Während der Zeremonie unterhielt ich mich weiter mit dem jüngsten Bruder der Braut und fragte diesen über alles für mich Interessante aus. Wir unterhielten uns zudem über das in Indien existierende Kastensystem, seine und meine Zukunftspläne und auch über andere Länder und Auslandsaufenthalte. Es war ein sehr nettes Gespräch, während die Feuerzeremonie abgehalten wurde. Die anwesenden Verwandten machten in der Zwischenzeit Liederspiele, indem die eine Seite ein Lied sang und die andere Partei das neue Lied mit dem letzten Buchstaben des letzten Liedes beginnen musste. Schließlich mussten diese nur anwesend sein, hatten aber sonst keine weitere wichtige Rolle bei der Feuerzeremonie.
Die Feuerzeremonie hielt ein Priester mit dem Brautpaar und den Eltern des Brautpaares ab. Generell wird von einem Priester festgelegt, wann genau der richtige Zeitpunkt für die Hochzeit eines Brautpaares ist. Die Feuerzeremonie symbolisiert die 5 Elemente „Feuer“, „Wasser“, „Erde“, „Luft/Himmel“ und „Geist“. In der indischen Religion und Tradition sind drei Punkte im Leben eines Inders sehr wichtig, die Geburt, die Hochzeit/Ehe und der Tod. Das Leben beschreibt einen Kreislauf, der die fünf Elemente, aus denen ein Mensch entsteht beschreibt und zu denen man mit dem Eintritt des Todes auch wieder zurückkehren. In der Feuerzeremonie wird gegenüber dem „Feuer“, welches durch den Rauch und die Verbundenheit mit der Erde durch den Tonkrug, auf dem das Feuer brennt, die oberste Gottheit repräsentiert. Vor dieser Gottheit geben sich das Ehepaar, das Ehepaar den beiden Elternteilen und umgekehrt Versprechen für die bevorstehende Ehe. Bei dieser Zeremonie muss das Brautpaar 7 Mal um das Feuer laufen. Zuerst läuft die Braut mit dem Bräutigam im Schlepptau dreimal um das Feuer, wobei bei jeder Runde etwas in das Feuer geworfen wird. Dann wird die Zeremonie fortgesetzt und nach einer ganzen Weile läuft der Bräutigam mit der Braut im Schlepptau dreimal um das Feuer und wieder wird etwas bei jeder Runde ins Feuer geworfen. Danach wird die Zeremonie weiter fortgesetzt, während dieser auch immer wieder Steine, Erde, Wasser oder ähnliches ins Feuer geschüttet bzw. geworfen wird.
Die Unterhaltung mit dem jüngsten Bruder der Braut musste ich zeitweise auch unterbrechen, weil dieser genauso wie der etwas ältere Bruder Verpflichtungen hatte und zum Priester und damit zum Brautpaar vortreten musste. Vor der letzten Feuerlaufrunde wurde der Braut eine goldene schön verzierte Stoffkette umgelegt und dem Bräutigam eine Schärpe. Als die letzte Feuerlaufrunde anstand, standen alle Leute auf. Mir gab man wie den anderen auch ein paar Blüten in die Hand, die wir über das Brautpaar warfen, als es an uns vorbei um das Feuer lief. Wieder ging der Bräutigam mit der Braut im Schlepptau voran. Danach verließen der Bräutigam und die Braut das Feuerzelt und gingen zum „Haus“ der Braut, also dem kleinen Raum neben dem Festplatz, der das imaginäre Zuhause der Braut darstellte. Dort wurde ein Teil der Zeremonie durchgeführt, an der ich nicht teilnahm, weil ich nicht wusste, ob ich auch dort Zutritt hatte. Also wartete ich, bis Vivek wiederkam. Wir unterhielten uns ein wenig und er fragte nach meinem Zimmerschlüssel für einen Freund von ihm, damit der auch im gleichen Hotelzimmer wie ich übernachten konnte. Für mich war das kein Problem.
Als die Braut und alle anderen wieder vollzählig anwesend waren, begann der Abschluss der Zeremonie, in der die Braut dem Haus des Bräutigams übergeben wird und damit aus der Brautfamilie auszieht. Dies ist wohl immer ein sehr tragischer Moment in dem viele Tränen fließen. Doch zuerst werden die Füße des Brautpaares gebadet und das Brautpaar wird in der gleichen Form, wie normalerweise die Älteren bzw. Eltern gehuldigt werden, geachtet. Hierbei treten die Eltern und die Geschwister, die noch nicht geheiratet haben und an der Zeremonie vorher teilgenommen haben, vor das Brautpaar. Dem Brautpaar wird gratuliert, die Füße des Brautpaares werden berührt und mit dem Wasser aus der Schüssel unter den Füßen des Brautpaars nass gemacht bzw. werden die Füße gewaschen. Wenn alle Personen damit fertig sind, gehört die Braut dem Bräutigam und sie gehen noch einmal gemeinsam in das „Haus der Braut“. Danach kamen alle wieder heraus und die Mutter der Braut hat fürchterlich geweint und wollte die Braut nicht gehen lassen, aber das musste sie. Nachdem sich alle soweit verabschiedet hatten, stieg Vivek mit seiner Frau in das Auto ein und wurde nach Hause gefahren. Dabei mussten sie mit dem Auto über ein oder zwei Kokosnüsse fahren, die leider nicht kaputt gingen, weil sie so hart waren. Ich gratulierte Vivek noch auf Deutsch und ging danach ins Hotel zurück, wo ich die Türe offen vorfand und der Freund von Vivek bereits im Bett auf der rechten Seite schlief. Ich befreite meine Betthälfte von meinem Kram und legte mich auch schlafen, schließlich war es schon nach 6 Uhr morgens.

Keine Kommentare: